Energiewende naturverträglich gestalten – keine Windräder auf Naturschutzflächen!

Am 16. November 2023 verkündeten die Stadt Halle (Westf.) und die TWO, der städtische Energieversorger der Stadt Halle, eine Kooperation mit den Stadtwerken Münster zur Planung eines Windenergieprojektes auf Haller Stadtgebiet. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt Halle vom 29. November 2023 wurden die Pläne der Stadtwerke Münster zur Projektierung von Windenergieanlagen an sechs potentiellen Standorten in den Ortsteilen Bokel, Hörste und Kölkebeck erstmals öffentlich vorgestellt. Der Ausschuss stimmte im Grundsatz den Planungsüberlegungen zu (mit lediglich einer Gegenstimme des Ratsmitgliedes aus der UWG Halle). Für eine für den Bau der sechs Windkraftanlagen notwendigen Änderung des Flächennutzungsplanes wurde zudem einstimmig die Stellung von landesplanerischen Anfragen an die Bezirksplanungsbehörde sowie die Beauftragung eines Planungsbüros beschlossen.

Wir, die Bürgerinitiative Barrelpäule/Hörster Feuchtwiesen, halten die Projektierung der Windräder für unrealistisch und nicht genehmigungsfähig.

Einwände der Bürgerinitiative Barrelpäule/Hörster Feuchtwiesen

Im Dezember 2023 wurde von unserer Initiative mit 25 Erstunterzeichnern eine umfangreiche Stellungnahme zur Projektierung der Windenergieanlagen verfasst und an Projektbeteiligte, zuständige Behörden, Naturschutzorganisationen und die örtliche Presse übergeben. Im Wesentlichen sprechen wir uns in dieser Stellungnahme gegen die Auswahl der Standorte für die Errichtung der sechs Anlagen aus.

Warum sind ausgerechnet diese Standorte aus Gründen des Naturschutzes abzulehnen?

Alle sechs geplanten Standorte befinden sich in direkter Nähe oder sogar genau an der Grenze zu Naturschutzgebieten, FFH-Gebieten oder gesetzlich geschützen Biotopen. Diese Gebiete bilden einen Biotopverbund, der sich lt. Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) aus Flächen mit herausragender oder besonderer Bedeutung für den Schutz der Natur zusammensetzt. Zwischen den einzelnen Schutzgebieten findet darüber hinaus ein Austausch der Fauna statt, für einige dieser Arten empfiehlt das LANUV explizit die Vermeidung der Zerschneidung und Verinselung der Lebensräume durch Windenergieanlagen.

Für alle sechs Windkraftanlagen gilt: Ihre geplanten Standorte liegen inmitten dieses besonders schützenswerten Biotopverbundes.

Die EEG Ausbauziele sehen doch eine Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien vor. Warum wehrt sich die Bürgerinitiative gegen den Ausbau?

Wir unterstützen den Ausbau der erneuerbaren Energien zur Erreichung der Klimaschutzziele in Deuschland und sehen diesen als notwendig an. Windenergieanlagen leisten dabei bereits jetzt den größten Anteil an der Stromerzeugung und die Anzahl der Anlagen muss auch in unseren Augen weiter erhöht werden.

Das LANUV konnte für NRW fast doppelt so viele geeignete Windflächen identifizieren, als dies für die Erreichung der Klimaschutzziele notwendig wäre – das gesamte Gebiet der Stadt Halle mit allen Stadtteilen gehörte aber nicht dazu.

Ihr wollt doch bloß keine Windräder in Eurer Nähe haben. Irgendwo müssen die Windräder doch hin!

Natürlich gibt es auch Mitglieder in unserer Bürgerinitiative, die persönlich durch die Windräder betroffen wären. Man stelle sich vor, direkt neben dem eigenen Grundstück würde in 400 m Entfernung eine Industrieanlage mit einer unfassbaren Höhe von 200 oder 250 m gebaut – um ein Gefühl für diese Maße zu bekommen: Das ehemalige Telekom-Hochhaus in Bielefeld hat eine Höhe von etwa 90 m, die drei in Kölkebeck bereits vorhandenen Anlagen eine Höhe von 135 oder 150 m.

Die Einwände der Betroffenen sind begründet, reihen sich aber lediglich ein in eine Reihe von Bedenken gegen die geplanten Standorte.

Die Stadt Halle muss doch ihre Klimaziele erreichen. Wie soll das gehen ohne Windräder?

Klimaziele sind nicht allein durch Windkraft erreichbar. Auch Strom aus Photovoltaik bildet eine Säule bei der Energiewende. Das hat auch die Stadt Halle erkannt: Bereits in einer Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 06. September 2023 wurden die Ergebnisse einer Potenzialstudie zu Freiflächen-PV-Anlagen im Haller Stadtgebiet vorgestellt: Photovoltaik-Zielflächen wurden hierin in großer Anzahl festgestellt. Darüber hinaus bietet auch eine Vielzahl von städtischen Gebäuden Potenzial für die Installation von Photovoltaikanlagen.

Fakt am Rande: Für mehrere der sechs für Windkraft geplanten Standorte wurden PV-Zielflächen aus Gründen des Naturschutzes aufgrund von LANUV-Biotopverbundflächen ausgeschlossen. Diese Problematik ist dem Rat der Stadt also grundsätzlich bereits bekannt.

Warum soll Windkraft auf vorhersehbar ungeigneten Flächen geplant werden, wenn ausreichend Potenzial für PV-Großanlagen in Halle besteht?

Viele würden von den Windenergieanlagen profitieren.

Ja, damit werben zur Zeit sowohl die Stadt, als auch die Stadtwerke. Neben der Stadt, Nachbargemeinden, Verpächtern würden auch direkte Anwohner durch die Zahlungen eines „Nachbarschaftsgeldes“ profitieren, durch eine Bürgerbeteiligung könnten sich sogar alle anderen über eine Genossenschaft an den Anlagen beteiligen und eine Verzinsung erwarten. Das Bürger-Energiegesetz sieht solche Beteiligungen und Ausgleichszahlungen explizit vor. Über die Höhe dieser Zahlungen wurden leider noch keine Angaben gemacht: Das Nachbarschaftsgeld wird voraussichtlich lediglich bei 2.000 Euro jährlich liegen – ein bescheidener Betrag im Ausgleich zum Wertverlust, den direkte Nachbarn für ihre Grundstücke und Gebäude sowie weitere Beeinträchtigungen durch die Errichtung der Anlagen erwarten dürfen. Und auch die Verzinsung der Genossenschaftsanteile könnte sich für den Einzelnen nicht in dem Maße lohnen, das sich manch einer bereits jetzt erträumt: Bei vergleichbaren Genossenschaften liegt die Höhe der Genossenschaftsanteile in der Regel lediglich im unteren dreistelligen Euro-Bereich, je Person können nicht mehr als eine Handvoll Anteile gezeichnet werden.

Reich werden zumindest die Anlagen-Nachbarn und zukünftigen Genossen in Halle mit den Windrädern nicht.

Die Stadtwerke Münster sind ein erfahrener Partner beim Thema Windkraft.

Je nach Standort sollen die sechs geplanten Windkraftanlagen eine Höhe von 200 oder 250 m erreichen. Bislang wurden Anlagen in diesem Ausmaß lediglich offshore errichtet, solch große Anlagen werden an Land überhaupt erst seit Kurzem gebaut. Auf die Frage, ob die Stadtwerke Münster bereits Erfahrung mit Anlagen dieser Größenordnung besitzen, wich der zuständige Vertreter bei einer öffentlichen Ausschusssitzung aus, aber stellte die Stadtwerke als erfahren im Thema Windenergie dar. Besondere Erfahrung konnten die Stadtwerke Münster nach unserer Recherche bereits mit dem Bau eines Windrades in der Nähe von Münster sammeln: Aufgrund mangelnder Eigenschaften bei Lärmschutz und Schattenwurf musste der Betrieb dieses Windrades im Jahr 2021 nach richterlicher Entscheidung dauerhaft eingestellt werden.

Sind die Stadtwerke Münster tatsächlich der geeignete Partner für die Planung und Projektierung von Windenergieanlagen dieser Größenordnung im Haller Stadtgebiet?

Wie geht es weiter?

Die Entscheidung über den Bau der Windenergieanlagen ist noch nicht gefallen!

Bislang wurde im Rat der Stadt Halle (Westf.) lediglich den Planungsüberlegungen zugestimmt. Zwar lassen die Begründung einer Kooperation von Stadt, TWO und Stadtwerke Münster sowie bereits abgeschlossene Pachtverträge für die Anlagenstandorte Anderes vermuten, aber die finale Entscheidung für den Bau ist noch nicht gefallen.

Es ist nun an uns, möglichst viele Menschen über die Planungen und die Hintergründe zu informieren. Wir werden in den nächsten Wochen weiterhin auf Behörden, Verbände, aber vor allem auf Menschen in unserem Umfeld mit diesem Thema zugehen. In Kürze werden wir mit der Sammlung von Unterschriften beginnen von Menschen, die wie wir Einwände gegen den Bau der sechs Windkraftanlagen in Bokel, Hörste und Kölkebeck haben.